Warum manche Menschen plötzlich einschlafen
Aktualisiert am 16.02.2010
Schweizer Forscher haben herausgefunden, wie die Schlafkrankheit Narkolepsie entsteht. Eine wichtige Erkenntnis im Kampf gegen die «Schlummersucht» ist gelungen.
Das eigene Immunsystem greift bei betroffenen Menschen Nervenzellen im Gehirn an, die steuern, wann wir schlafen und wann wir wach sind. Narkoleptiker leiden tagsüber unter grosser Schläfrigkeit, dafür haben sie nachts einen abnormen Schlafrhythmus. Dazu kommen plötzliche Muskellähmungen, die oft durch starke Emotionen wie Freude oder Ärger ausgelöst werden. Die Ursache dieser zum Teil auch «Schlummersucht» genannten Krankheit ist ungewiss.
Bekannt ist, dass der Mangel eines Hormons namens Orexin im Hirn eine Schlüsselrolle bei der Krankheitsentstehung spielt. Und Forscher vermuteten schon lange, dass es das eigene Immunsystem ist, das bei Narkoleptikern die Nervenzellen abtötet, die Orexin im Gehirn herstellen. Einen Beweis dafür gab es aber bislang nicht.
Hoher Antikörper-Spiegel
Den Nachweis hat nun ein Team um Mehdi Tafti von der Universität Lausanne und Michel Mühlethaler von der Universität Genf erbracht. Wie die Forscher im Fachmagazin «Journal of Clinical Investigation» schreiben, haben sie im Körper von Narkoleptikern ein Immun-Molekül gefunden, das auf den «Orexin-Nervenzellen» ein Eiweiss namens Trib2 attackiert.
Die Wissenschaftler entdeckten zuerst, dass sich auf der Oberfläche der Nervenzellen aussergewöhnlich grosse Mengen von Trib2 finden. Dieses Eiweissmolekül spielt gemäss früheren Untersuchungen auch bei bestimmten vom Immunsystem verursachten Augenentzündungen eine Rolle.
Im Blut von einigen Narkoleptikern fanden die Forscher dann stark erhöhte Mengen eines vom Immunsystem produzierten Eiweisses, das speziell gegen Trib2 gerichtet ist. Am meisten dieser Antikörper hatten Patienten, bei denen Narkolepsie erst kürzlich ausgebrochen war. Nach zwei bis drei Jahren nimmt die Konzentration deutlich ab.
Jahre bis zur Diagnose
Der Pegel bleibt dann relativ konstant, so dass auch Menschen, die seit 30 Jahren an der Krankheit leiden, überdurchschnittlich viele der Antikörper im Blut haben. Der Verlauf lasse vermuten, dass Narkolepsie auf einen einzelnen akuten Angriff des eigenen Immunsystems auf den Körper zurückzuführen sei, schreiben die Forscher.
Unklar ist, ob es neben Trib2 noch andere Eiweiss gibt, gegen die sich das Immunsystem wendet: Bei einigen Patienten wurden keine erhöhten Pegel des Antikörpers gefunden. Das könne aber auch daran liegen, dass Narkolepsie meist sehr spät entdeckt werde, sagte Tafti auf Anfrage. Im Durchschnitt dauere es vom Krankheitsausbruch bis zur Diagnose zehn Jahre.
Wichtige Behandlung
Laut dem Forscher ist es äusserst wichtig, Narkoleptiker rasch nach dem Ausbruch der Krankheit zu behandeln. In einigen Fällen habe eine Immuntherapie unerwartet positive Resultate erbracht. Weshalb genau diese Therapie wirke, sei bislang aber nicht bekannt. (sam/sda)
Erstellt: 16.02.2010, 13:05 Uhr